Ende der Chemotherapie
Aber irgendwann schlug alles um. Eine Woche Pause, der Körper arbeit mit der Chemie, kämpf gegen an man merkt es. Ich bekam meine Chemo-, wie jeden Mittwoch, und wie jedes mal, das Gefühl der Unruhe, ich fing an zu zittern und zu schwitzen, Angst nicht einschlafen zu können, Panik davor, alles beim alten. Ein seltsames Gefühl, du merkst es läuft was in dir, es fühlt sich kalt an, du merkst wie es seinen Weg durch deinen Körper bahnt. Dir wird kalt, und fängst an zu schwitzen. Seltsam, eigentlich schwitzt man nur wenn es einem zu warm wird. Die Zeit geht nicht vorbei, obwohl ich was zu lesen dabei habe, jede Woche lese ich dabei, die Zeit geht nicht. Wenn das Wasser durchläuft, rennt die Zeit, man kommt kaum hinter ihr her, so schnell, aber wenn die Chemie kommt, läuft alles in Zeitlupe. Ich habe mir extra Stephen King Bücher ausgeliehen zum Lesen, weil die einen in den Bann ziehen, das man nicht mehr aufhören kann, aber selbst das brachte nicht, oder ich konnte auf einmal schneller lesen. Endlich durch gelaufen das Zeug, jetzt nichts wie ab nach hause, Taxi ist schon bestellt, aber etwas war anders. Die Unruhe blieb, ich wurde hektisch nervös, reizbar. Das Taxi kam nicht, es dauerte eine Ewigkeit, bis es da war, wir haben eine Baustelle mitten in Neunkirchen, wo das Taxi durch muss, und dort war alles zu. Endlich nach fast einer Stunde Wartezeit war das Taxi da. Kaum zu hause, ab erstmal hinlegen, so was kannte ich nicht, ich war müde, fertig, am Ende, erstmal schlafen. Meine Frau ließ mich bis drei Uhr schlafen, dann legte ich mich auf die Couch. Abends bekam ich Hunger. Fressattake. Meistens haben wir uns was bestellt oder meine Frau ist losgefahren. Ich nahm meistens zwei oder dreimal Lasagne. Die Fahrt dann Donnerstag zum Campingplatz wurde länger und länger. Dort angekommen, Stuhl raus hinlegen. Ungefähr 25 Grad im Schatten, der schönste Sonnenschein. Ich lag vor dem Vorzelt, im Jogginganzug und Jacke, eingewickelt in eine Decke und habe gefroren, das war neu. Die Fahrten in die Gegenden wurden seltener, wir gingen manchmal zum Schwimmen, oder schlenderten über den Platz, mehr war nicht drinnen. Die Leute die vorbei gingen schauten blöd, haben die noch nie einen verrückten gesehen der im Sommer, dick angezogen, und in einer Decke gewickelt in der Sonne liegt, dachte ich. Eines Morgens Im Waschraum sprach mich einer deswegen an. Ich meinte nur locker, das liegt am Krebs und an der Chemo-, sagte es so als ob es eine normale Krankheit ist. Für mich ist sie normal geworden die Krankheit gehört zum Leben zur Familie. So ging es fast jede Woche, ich lag meistens nur noch rum bis Samstag. Mir ging es dann von Sonntag bis Dienstag gut, aber das sollte sich auch ändern. In dieser Zeit krachte es zu hause immer öfters, die Kinder gingen mir auf die Nerven, von meiner Frau und ihren Sektengedöns ganz zu schweigen. Die Chemo- machte mich weiter fertig, die Unruhe ging in Panik über, wenn das Zeug rein lief, Panik das ich nicht schlafen könnte heute Abend, Panik das das Taxi noch nicht da ist und ich warten muss, Panik vor dem Geruch im Krankenhaus. Es wurde schlimmer, ich nutzte jede Möglichkeit der Chemo- zu entgehen, ich sagte ich habe Halsschmerzen und Reizhusten morgens, wenn es hieß die weißen Blutkörper sind nicht ganz in Ordnung, so das sie ausfiel, ich habe den durchlauf schneller gestellt oder bin auf die Toilette und habe was von dem zeug die Schüssel runtergejagt, ich wollte nur eins raus hier. Die Schwestern merkten gar nichts, ich wurde angeschlossen, ging mit dem vollen Beutel an den Schwestern vorbei, oder fragte nach der Toilette, und zwei Minuten später, nach dem ich von der Toilette kam, sagte ich bescheid, das sie ein Taxi rufen könnte, ich sei fast fertig. Das fiel den Schwestern nicht auf, man konnte manipulieren ohne das es einer merkte. Besser war es noch, wenn ich nicht zur Toilette musste, und ich den Tropf auf Durchlauf stellte. Eine Schwester fragte, das läuft aber schnell, meine Antwort, das hat der Arzt so eingestellt. Sie hatten von nichts eine Ahnung. Mittlerweile waren meine Nerven so dünn, das mir die Hand des öfteren gegenüber den Kindern ausrutschte, bei meiner Frau ausrutschte. Ich lag meistens von Mittwoch dann bis Samstag auf der Couch, mich anzusprechen war reine Glückssache, entweder man konnte mit mir reden, was eher selten vorkam, oder man wurde direkt blöd angemacht von mir. In dieser zeit, habe ich viele manschen fertig gemacht, mit Witzen über den Tod, über meine Krankheit, Leute einfach nur beleidigt, weil sie dick waren, oder eine krumme Nase hatten, gründe fanden sich immer, einen zu beleidigen. Am besten waren die Christen, die Fischfresser, gerne genannt, wegen den Fisch, da machte ich mich am meisten lustig, und traf dabei meine Frau, sie fing an Christ zu werden. Am lustigsten fand ich, mit ihr anzufangen über Gott zureden, und sie dann fertig zu machen, wurde zum Arschloch, zum Tyrann, wo bestimmt der Teufel gegen mir den kürzeren gezogen hätte. Montags fingen die Angstzustände vor der Chemo- an. Ich bekam Angst vor dem Zeug, so dass man mit mir kaum reden konnte, ich wurde unberechenbar, ich suchte Streit beleidigte jeden der mir im Weg war, ich war fertig. Auf den Wohnwagen hatte ich keinen Bock mehr, eher gesagt auf die Fahrt, dahin, oder auf meine Kinder. Die Nerven ohne Ende.
Auf die Chemopausen zwischendurch, die ich sonst am Campingplatz verbrachte mit einem von meinen drei Kindern, fehlte mir die Kraft. Meine Eltern halfen mir dann die Woche immer. Die Wochen waren sehr schöne Momente, ich lernte meine Kinder besser kennen, werde das mit Maxime noch nachholen, da ich weiß meine Frau braucht hier kein Auto, werde mit ihr auch mal eine Woche alleine am Platz verbringen. Die Jungs getrennt sind die reinsten Engel, hören, sind lieb und machen keinen Unsinn, aber beide zusammen, dann geht der Terror los. Irgendwann sagte ich es reicht ich will nicht mehr, das sagte ich auch mittwochs zu einem Arzt der mir die Chemo- anschloss. Sein Kommentar war der Hammer. Herr Meier sie müssten dann damit rechnen dass ihnen die Kosten bis jetzt und für die späteren Behandlungen auferlegt werden. Scheiss Staat, dachte ich nur, wenn es einen dreckig geht, darfst du dann noch nicht mal selbst entscheiden, ohne Nachteile zu bekommen. Ich kämpfte weiter. Bei mir schlichen sich Depressionen ein, Selbstmordgedanken, Verfolgungswahn vom Tod, Zukunftsängste. Ich träumte nachts von meiner eigenen Beerdigung, wie mein Körper in den Ofen geschoben wurde zum verbrennen, ich spürte die Hitze, den Schmerz, des Feuers. Ich sah wie mein Körper langsam zu Asche wurde, wie ich immer weniger wurde. Während meiner der Chemo-, sah ich meine Frau mit einem anderem in die Kiste steigen, wie sie Spaß hatten, wie sie sich rekelten im Bett. Sie lachten mich aus, dass ich sie nicht erwischen könnte, ich bin im Krankenhaus, solche Halluzinationen bekam ich. Meine Angst wurde weniger, während der Chemo-, die Panik wurde größer, vor solchen Gedanken, die Gedanken wurden in meinem Kopf real, ich machte ihr vorwürfe das sie mich betrügt, immer mittwochs, mit einem von den Christen. Ich sagte oft zu ihr, geh doch wieder da hin, da hast du doch einen neuen, der kann es bestimmt besser als ich, mit dem macht es mehr spaß. Aus Panik wurde Aggression, war nur noch 1000 Volt, jedes Wort konnte ein Kurzschluss auslösen. Dann kam noch der Ärger mit dem Auto, uns ist die Maschine kaputt gegangen, der Wagen lief noch aber nur auf drei Zylinder, ein guter Freund hat eine neue besorgt, und sie eingebaut, aber irgendwas hatte der Wagen, er wollte einfach nicht richtig laufen. Drei Wochen waren wir ohne Auto, zuhause gefesselt, konnten nirgendwo hin. Aber dann kam der Anruf, wagen läuft wieder, ich hole dich Freitag ab, und du kannst dein Auto abholen, das war mir egal, ich war richtig am Boden, meine Frau ging mir nur noch aus dem Weg, nahm die Kinder immer mit. Ließ mich nie alleine mit den Kindern, aus Angst ich drehe ganz durch. Ich kann nicht sagen, ob damals nichts passiert wäre, wenn sie mich mit den Kindern allein ließ. Ich kämpfte gegen meine Aggression, schleppte mich jede Woche zum Krankenhaus, musste mich becherschen das ich nicht den Taxifahrer oder eine der Schwestern angriff, die Fahrten zum Krankenhaus wurden ruhiger, ich wurde stiller, kein Bock zu reden. Was wissen den die Leute wie es einen geht, die sollen doch alle die Schnauze halten. Ich ließ die Chemo- geschehen. Mein Lebenswille war auf Null, besser gesagt unter Null, ich wollte nicht mehr ich konnte nicht mehr.
Meine Gedanken kreisten um Selbstmord, wie stell ich das am besten an, wie geht es am besten? Ich stellte mir vor, vor dem Zug zu springen, eine Sekunde Schmerz und das war es, merken tut man bestimmt nichts. Ich ging durch das Haus, suchte nach einer geeigneten Stelle für den Strick, aber die Decken sind zu niedrig, keine Chance, das es klappt, scheiss Altbau, dachte ich. Mit dem Auto gegen einen Baum, Chancen stehen gut, aber wiederum nicht so gut, wenn man dann überlebt, hat man noch mehr am Hals. Wie bringt man sich selber um, ohne lange was spüren, und das 100% gelingt? Die Frage stellte ich mir andauernd. Aber dann kam wieder die Panik dazu, dass es nicht klappen wird. Irgendwann fragte ich bei der AOK nach, wegen den Kosten. Der Herr war ganz entsetzt das mir so was gesagt wurde. Normalerweise sagte er hat der Arzt Recht, aber das gilt bei Therapien die 100% Heilung Versprechung, und das ist bei Ihnen nicht der Fall. Sie können jederzeit Aufhören. Die Worte taten gut, zuhause rief ich direkt im Krankenhaus an, sagte das CT am Mittwoch mache ich noch mit, die Chemo- breche ich ab. Am Liebsten hätte ich ins Telefon gebrüllt, steckt euch die Chemie wo anders hin, ihr geldgierigen Arschlöcher, danke für die extra Qualen, aber das habe ich nicht. Ich war erleichtert, mein Lebenswille kam wieder, die Aggression blieb, der Gedanke an Selbstmord auch, die Sehnsucht nach dem Tod. Obwohl ich nur noch fünf Anwendungen gehabt hätte, habe ich sie abgebrochen. Am Mittwoch, den 16.09.2009 habe ich noch das Nachsorge CT gemacht, ohne Befund. Dann ging es nach oben, Dr. Klump wollte mit mir noch mal sprechen, er versuchte mich zu überreden, aber keine Chance, wenn der nicht langsam seine Klappe gehalten hätte, hätte er sich ein Bett nehmen können, ich war in Schlaglaune, und er hätte mein Ventil werden können. Ich musste nur noch was unterschreiben und das tat ich gerne. Wollte nur raus, den Druck bekam, natürlich meine Frau ab, nicht in Form von Schlägen, sondern mit Schlägen in Form von Worten, sie war mein Prellbock, musste vieles einstecken und dennoch blieb sie bei mir. Mir ging es noch zwei Wochen richtig dreckig, bis sich mein Körper etwas normalisierte, aber die nächste OP stand an, ich hatte mir einen Narbenbruch zu gezogen. Das war meine Chemo-, und ich hoffe ich muss nicht noch mal, auf jeden fall nicht mehr in diesem Krankenhaus. Ich kann es nicht empfehlen, da gibt es bessere, da wird man besser behandelt. geht nicht ins Jung - Stilling, geht ins Marienkrankenhaus, dort seid ihr besser aufgehoben.
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