CT am 12.07.2010 und Gedanken
Der Vorsorgetermin rückt immer näher, Überweisung zum Onkologen und Taxischein habe ich schon zuhause liegen. Der Einweisungsschein von meinem Onkologen habe ich per Post zugesendet bekommen, muss ich aber neu holen, da meine süßen es mit Malpapier verwechselt haben, die Sprechstundenhilfe fand das gar nicht lustig, und wollte mir keinen neuen zuschicken. Ich kann also früher da sein und erstmal einen neuen Schein holen und dann rüber gehen zum CT.
Gedanken schwirren in meinen Kopf rum, was werden die wohl finden, hat sich alles schlagfertig verdoppelt, geht überhaupt noch was, oder habe ich mich, mit dem Chemoabbruch schon selber in die Holzkiste gelegt. Es macht mir Angst, dieser Gedanke und mein herz füllt sich mit Trauer, was ist wenn nichts mehr geht. Das schlimmste an solchen Gedanken ist, das meine Familie es auch zu spüren bekommt, man wird etwas reizbar, aber man kann nichts dafür, es ist so.
Gedanken, immer Gedanken sind in meinem Kopf, hören nicht auf mir das Gehirn zu zertrümmern, man denkt nur an das Schlimmste, aber so schlimm kann es nicht sein, sagt selbst meine Ärztin, ich sehe gut aus. Aber kann man den Ärzten vertrauen, oder wollen sie einen nur beruhigen. Na klar ich habe was zugelegt, aber kann das nicht auch Wasser sein, das sich sammelt, denn Wasser braucht auch Platz und man wirkt dicker. Nachdem ich dieses Jahr schon eine Thrombose hatte, und die Beine etwas dicker werden, ist es doch gut möglich, das sich Wasser im Bauchraum ansammelt. Die letzten tage vor dem Termin schlafe ich unruhig, denke immer nur an das eine, das nichts mehr geht, ich bin es selber in Schuld. Diese Schuldgefühle lassen mich nicht los, wenn es so sein sollte. Die letzte Nacht war es besonders schlimm, es war so warm draußen und ich so müde, ich war echt froh das ich eingeschlafen bin, aber dann wurde ich schmerzlich geweckt. Mein kleiner kam runter, und der dreht sich zur zeit ohne Ende im Bett und verschafft sich mit aller Gewalt Platz. Seine Fußtritte merkte ich, so das ich mich entschloss zu flüchten, ab ins Wohnzimmer, aber an Schlafen war so nicht mehr zu denken, es war so warm, ich döste nur wenn man es so sagen kann. Mein Schlaf war so leicht, ich hätte sogar Spinnen reden gehört. Die Nacht war vorbei, Kaffee trinken, aber essen durfte ich nichts, wegen dem CT. Ich hatte so einen Hunger, aber es geht nicht. Duschen anziehen und fertig war ich, wartete auf das Taxi. Ich hatte keine Lust mehr auf diesen blöden Termin, am liebsten anrufen absagen. Nächste Woche geht es in den urlaub, zwei Wochen raus von zuhause, und zum Campingplatz. Es ist so gelegt worden, das mein Bruder und meine Eltern auch da sind, so das man die Kids etwas aufteilen kann, etwas ruhe hat. Die zeit vergeht, in Gedanken viel zu langsam, aber es ist soweit, ich verabschiede mich und gehe langsam Richtung Strasse wo ich auf das Taxi warte. Die Gedanken lassen mich nicht los, was ist wenn es vorbei ist. Ich stehe an der Strasse und warte, wundere mich, eigentlich sind sie nie pünktlich da, eher früher als bestellt, aber heute, es kommt keiner, weder früher noch pünktlich, ich warte und mache mir Gedanken. Die Zeit vergeht, aber kein Taxi, ich suche mein Handy raus. Überlege soll ich anrufen und fragen wo das Taxi bleibt oder nicht, ich entschließe mich zu warten, ein wenig noch.
Nach einer Weile bin ich doch am wählen, mehr brauche ich nicht, den ich sehe das Taxi, 10 Minuten zu spät. Zum Glück kommt es , wir haben 7 Uhr 20, um 8 Uhr soll ich da sein, vorher zum Onkologen und dann rüber das gibt stress, Unpünktlichkeit mag ich nicht. Während der fahrt redet der Fahrer mit mir, worüber weiß ich nicht mehr, war mit den Gedanken ganz woanders, war schon beim CT, und hörte den Arzt sagen, das war es, selbst in Schuld. Die Lust darauf vergeht mir immer mehr, ich bekomme Angst und Panik. Ich entschließe mich dazu, ich lasse das CT über mich ergehen und Ergebnis will ich nicht wissen, das zieht einen nur runter, keine Lust. Endlich in Siegen, schnell zur Praxis, dann zum CT, fünf vor acht stehe ich vor der Anmeldung, noch gut gegangen. Und es ging direkt weiter in den nächsten Warteraum. Dort bringt mir die Schwester diese wunderbar schmeckende Milch die nach orange schmecken soll, es aber für geübte Zungen nicht mehr macht. Das Kontrastmittel, eine Stunden zeit, aber ich schaffe das locker wieder mal in einer dreiviertel Stunde, wie immer, einfach runter mit dem zeug, wer es langsam trinkt, der tut mir leid. Dann heißt es noch was warten, bis das es sich schön verteilt hat, es muss sich noch setzen. Ich versuche zu lesen, aber selbst das gelingt mir nicht, ich kann mich nicht Konzentrieren auf die Buchstaben auf die Wörter, auf das Wort Gottes. Meine Frau kommt dazu, wir reden. Wir reden miteinander, nicht so wie beim letzten CT, wo wir nur geschwiegen haben, diesmal reden wir, aber nicht über das schlimmste was passieren kann, sondern wir reden vom Urlaub ab nächste Woche. Ich werde aufgerufen, und soll mich frei machen. Dieses mal soll der hals mitgemacht werden, wegen den leichten Kopfschmerzen die ich in letzter Zeit habe. Ich lasse alles über mich ergehen, so wie immer. Tief einatmen, Anhalten, Ausatmen, die Worte klingen vertraut, so gewöhnlich. Vieles ist in der letzten Zeit normal geworden, die ständigen Besuche bei meiner Ärztin, AU verlängern lassen, Medikamente ordern, alltäglich. Auch hier im Krankenhaus, beim CT ist es Alltag geworden, man kommt, trinkt das Kontrastmittel, wird aufgerufen, macht sich frei, wird geröntgt, zieht sich an, geht nach hause und wartet, alles normal, Alltag eben. Nur diesmal war es anders, ich warte nicht auf das Ergebnis, will es gar nicht wissen. Nach dem CT werde ich noch mal rüber geschickt, zur Onkologischen Praxis, Nadel entfernen. Die Schwester sagt zu mir, rufen sie am drei tagen an, dann haben wir das Ergebnis. Ich sage nur, geht schlecht, wir fahren weg, ich melde mich wenn ich wieder da bin. Das ich mich nicht mehr melde wird sie merken. Ich vertraue auf die Praxis, wenn ich wieder da bin, und es ist eine Nachricht von ihm auf dem AB, dann weiß ich bescheid, das was ist, meldet er sich nicht, ist alles in Ordnung. So einfach stelle ich mir das vor, Hauptsache ich weiß von nichts und kann mich nicht verrückt machen. Das ist für mich das wichtigste, keiner will wissen, wann er stirbt, jeder will nur leben bis das es passiert. So lebe ich seit dem und ich lebe gut damit.
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